Bioraffinerie aus Lebensmittelabfällen: eine zweite Chance für die Nahrungsabfälle

Bioraffinerien aus Abfällen? Der Begriff „Raffinerie“ wird allgemein mit der Verarbeitung von Rohstoffen aus fossilen Quellen assoziiert. Wenn wir allerdings die Auswirkungen des Klimawandels zurückdrehen wollen, wäre dann nicht jetzt der richtige Moment, um Prozesse und Installationen zu haben, welche Abfälle in etwas Nützliches verwandeln? Energie? Dünger? Enzyme? Das ist bereits möglich!

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Die Herausforderungen, denen wir aktuell als Menschheit begegnen, sind offensichtlich. Eine Bevölkerung, die bis zum Jahr 2050 auf etwa zwischen 7,8 bis 9,6 Milliarden Einwohner anwachsen wird. Emissionen von Treibhausgasen (THG), welche die Umwelt verschmutzen. Und ein Problem im Umgang mit den Abfällen, das mit der Zunahme der Bevölkerung nur größer werden wird, und das genauer gesagt 2025 2,2 Milliarden Tonnen Abfall in den Stadtzentren erreichen wird 1. Es muss betont werden, dass diese Schwierigkeiten in Entwicklungsländern nur schlimmer werden durch die Hürden bei „Budget, Infrastruktur und Wartungseinrichtungen 2“. Mit diesem Panorama im Hinterkopf bleibt die Frage: Was machen wir mit den Abfällen? Genau hier taucht die Alternative der Bioraffinerie auf mit organischen, chemischen und thermochemischen Prozessen zur Verarbeitung und Bildung oder Aufwertung von Energie, zusammengesetzten Teilen oder Materialien durch Abfälle.

Und worin bestehen die Bioraffinerien aus Abfällen? Nun, da gibt es keinen Standard, denn „die gewünschte Art von Energie oder Bioprodukten bestimmt die technologische Route für eine Bioraffinerie, gefolgt von der Verfügbarkeit und der Menge des Rohstoffes 3“. Trotzdem ist das Ziel ähnlich und es geht darum, die wachsende Herausforderung im Umgang mit Müll anzugehen, insbesondere in den Städten der Entwicklungsländer, wo 60% des Mülls eingesammelt wird, während sich der Rest noch auf der Straße befindet oder auf Müllplätzen im Freien 4. Es ist ebenfalls wichtig, die Versorgung von Lebensmitteln nicht zu bedrohen und daher kommt die Innovation und Nutzung von Technologien, die Abfälle und Reststoffe ausnutzen wie etwa die thermochemischen Prozesse (Pyrolyse, Verbrennung, Vergasung durch Plasmavergaser, Verkokung und Verflüssigung), die genutzt werden, um verschiedene Formen von Energie zu produzieren. Die Entnahme und Umesterung, die chemische Stoffe nutzen, und dazu dienen flüssigen Brennstoff und Bioprodukte oder organische oder biochemische Prozesse zu gewinnen ebenso wie die Gärung, bei der biologische Stoffe genutzt werden, um Rohstoffe in flüssigen Brennstoff und Gase sowie Bioprodukte zu verwandeln 5. Das Potential ist riesig und würde den wirtschaftlichen und ökologischen Druck erleichtern sowie den der öffentlichen Gesundheitsbranche.

Das Thema der Art von Abfällen oder Reststoffen, die in den Bioraffinerien genutzt werden, benötigt einen eigenen Abschnitt, da es eine direkte Verbindung zur zirkulären Biowirtschaft gibt. Die Lebensmittelverschwendung ist ein globales Problem, bei dem ein Drittel aller Lebensmittel, die für den menschlichen Konsum bestimmt sind, im Mülleimer landen und wirtschaftliche Verluste von einer Billionen US-Dollar verursachen, Umweltverschmutzung erzeugen und sogar der Ernährung schaden 6. Die Lebensmittelverschwendung komplett auszumerzen, ist utopisch, aber sie zu verringern ist möglich. Und genau hier kommen die Bioraffinerien ins Spiel, die Lebensmittelabfälle wiederverwenden und durch die zuvor genannten Prozesse Energie generieren (Biokraftstoff), Chemikalien oder Materialien herstellen (chemische Produkte für Plattformen, Bioproteine und Enzyme, Biopolymere, Biodüngemittel, Phenolverbindungen, Pektine und ätherische Öle) und anstatt Abfälle zu produzieren, profitiert es von ihnen 7. In anderen Worten werden ganz klar die Prinzipien der Biowirtschaft und ihre Leistung angewandt. Im Fall Ecuadors, sind „die Bier-, Öl-, Bananen-, Kakao-, Kaffee-, Reis- und Rosenexport-Industrien potentielle Quellen für Bioenergie, Biomaterialien und Bioprodukte 8“.

Die Perspektive der zirkulären Bioökonomie in der Lebensmittelindustrie
übernommen von Tsegaye B. et al., 2021

Die Zukunft der Bioraffinerien ist vielversprechend, aber es gibt Dinge, die zu berücksichtigen sind. Es müssen etwa die Schwierigkeiten beim Zugang zur angebrachten Biomasse überwunden werden, denn nicht alle sind zur Veränderung oder Wiederverwendung geeignet. Die festen Reststoffe aus den Städten gibt es in einer Großzahl, aber sie können nur heterogen sein und benötigen diverse Prozesse, damit man nützliche Produkte erhält. Außerdem sind nicht alle Verwendungszwecke der Abfälle die nachhaltigsten, da es etwas bereits Existierendes ersetzt und letzten Endes negative Auswirkungen auf die Umwelt hat. Und trotzdem: Die Erschaffung von Datenbanken zur Verfügbarkeit von Biomasse, das Verstehen, dass Bioraffinerien von Lebensmittelresten gemeinsam neben anderen Arten von Anlagen existieren können durch ein integriertes System und die Förderung der Fortschritte in den Technologien welche die Prozessierung von zusammengesetzten Stoffen, die früher nicht zu verarbeiten waren, oder die nachhaltiger sind, geben den Produkten oder Materialien, die aus Bioraffinerien stammen, definitiv einen Mehrwert und bilden einen Beitrag gegen die erwähnten Befürchtungen 9.

Die Vorteile, welche die Einführung und Optimierung der Bioraffinerien aus Lebensmittelabfällen mit sich bringen würden, sind nicht zu leugnen: Unabhängigkeit von fossilen Brennstoffen und die Verringerung des Kohleabdrucks, die Rückgewinnung von Energie durch die Produktion von Biobrennstoff, Wiederverwendung der Ressourcen, Pflege von Gesundheit von Mensch und Natur, zudem wird die Forschung und Entwicklung gefördert, um die angewandte Technologie in den Bioraffinerien weiterzuentwickeln 10. Trotzdem gibt es immer noch Einschränkungen in dem, was mit dieser Technologie erreicht werden kann. Es existieren noch Arten von Biomasse, die man nicht in andere existierende Prozesse verwandeln kann. Die angemessene Biomasse zur Wiederverwertung findet man nicht in den notwendigen Mengen. Jetzt ist der Moment gekommen, diese Technologien vorwärts zu bringen, denn die umwelttechnischen und wirtschaftlichen Herausforderungen, mit denen unser Planet konfrontiert wird, sind immer überwältigender und wir brauchen Antworten, die von der zirkulären Bioökonomie ausgehen, damit sie nachhaltig sind und die Spuren unserer Abfälle verringern.


1 Nizami A.S.,  Rehan M., Waqas M., et al. 2017. Waste biorefineries: Enabling circular economies in developing countries. Bioresource Technology. S.1104
2 Ibid. Nizami A.S.,  Rehan M., Waqas M., et al. 2017. S.1102
3 Ibid. Nizami A.S.,  Rehan M., Waqas M., et al. 2017. S.1108
4 Ibid. Nizami A.S.,  Rehan M., Waqas M., et al. 2017. S.1102
5 Tsegaye B., Jaiswal S, and Jaiswal A. K. 2021.Food Waste Biorefinery: Pathway towards Circular Bioeconomy. Foods. S.1
6 Id.
7 Ibid. Tsegaye B., Jaiswal S, and Jaiswal A. K. 2021. S.8
8 Orejuela Escobar L.M. 2018. Biorefinería: un modelo de negocios de productos de alto valor agregado a partir de desechos agrícolas e industriales y promotora de desarrollo sustentable en el contexto de la bioeconomía. Casa Editora Universidad del Azuay. S.199
9 Sadhukhan J., Martinez-Hernandez E., Siew Ng K. 2016. Biorefinery value chain creation. Chemical Engineering Research and Design. S.1-3
10 Ibid. Sadhukhan J., Martinez-Hernandez E., Siew Ng K. 2016. S. 1